Exportkontrolle: Ziele, Fallstricke, Checkliste
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Exportkontrolle: Ziele, Fallstricke, Checkliste

Exportkontrolle ist national und international relevant. Doch was sind die Ziele, Funktionsweisen und Fallstricke? Hier erklärt – inklusive Checkliste.

Exportkontrolle: Einleitung und Abgrenzung vom Zollrecht

Exportkontrolle ist ein internationales Thema, denn die Ziele der Exportkontrolle können nur durch ein möglichst weltweit abgestimmtes Verhalten erreicht werden. Hört man sich ein bisschen um, wird das Exportkontrollrecht nicht selten in einem Atemzug mit Zollthemen genannt und als Anhängsel des Zollrechts gesehen.

Die unterschiedlichen Zielrichtungen der beiden Rechtsgebiete verschwinden aus dem Fokus. Dadurch erhöht sich das Risiko von Verstößen gegen die Exportkontrollvorschriften in erheblichem Umfang und es steigt die Gefahr ins Visier der Strafverfolgungsbehörden zu geraten.

Mit diesem Beitrag werden die Zielrichtung und die Funktionsweise der Exportkontrolle dargestellt. Fallstricke werden aufgezeigt und es wird darauf hingewiesen, welche Organisationsmaßnahmen sinnvoll sind, um die gewünschte Rechtssicherheit zu erhalten. Eine passende Checkliste finden Sie am Ende des Artikels.

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Live-Fragerunde zur Exportkontrolle

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Die Zielrichtung der Exportkontrolle

Ausgangspunkt aller Überlegungen ist die grundsätzliche Freiheit des Außenwirtschaftsverkehrs. Diese Freiheit darf durch Exportkontrollen eingeschränkt werden, wenn dadurch nationale oder internationale Sicherheitsinteressen gewährleistet werden.

Der UN-Sicherheitsrat hat mit seiner Resolution 1540 (2004) im Jahr 2004 beschlossen, dass alle Staaten wirksame Maßnahmen ergreifen und durchsetzen müssen, um ihre Verpflichtungen zur Rüstungskontrolle und Abrüstung zu erfüllen und jede Verbreitung aller Arten von Massenvernichtungswaffen zu verhindern. Die Mitgliedstaaten wurden aufgefordert, geeignete und wirksame Maßnahmen zur Non-Proliferation im Bereich der ABC-Waffen und der konventionellen Rüstung zu ergreifen.

Mit der EU-Dual-Use-VO 2021/821 und der deutschen Außenwirtschaftsverordnung (AWV) sind die EU und Deutschland dieser Aufforderung nachgekommen und haben allgemeine Regelungen zur Erreichung dieser Ziele erlassen. Das wesentliche Instrument der allgemeinen Exportkontrollvorschriften sind Genehmigungspflichten. So sind gelistete Güter bei der Ausfuhr immer genehmigungspflichtig.

Nicht gelistete Güter unterliegen nur bei Kenntnis einer der gesetzlich beschriebenen Verwendungszwecke einer Genehmigungspflicht. Ähnliche Exportkontrollgesetze wie in der EU und Deutschland gibt es in vielen anderen Ländern. Weltweit bekannt, da extraterritorial ausgestaltet sind die Export Administration Regulations (EAR) der USA, das amerikanische Pendant zu unserer EU-Dual-Use-VO 2021/821.

Blickt man auf die Ziele der Exportkontrolle werden zwei Dinge klar:

  1. Exportkontrolle ist ein internationales Thema, das mit den zollrechtlichen Vorschriften keine Berührungspunkte hat.
  2. Alle Unternehmen, die am Außenwirtschaftsverkehr teilnehmen, müssen in Eigenverantwortung sicherstellen, dass die Auslandsgeschäfte im Einklang mit den Regelungen des Exportkontrollrechts erfolgen. Voraussetzung dafür ist, dass in den Unternehmen die Verbote und Genehmigungspflichten bekannt sind und die richtigen Prüfschritte durchgeführt werden.

Genehmigungspflichten aus den allgemeinen Vorschriften der Exportkontrolle

Die Genehmigungspflichten der allgemeinen Vorschriften des Exportkontrollrechts knüpfen in erster Linie an Güterlisten an. Im Bereich der zivilen Exportkontrolle ist dies der Anhang I der EU-Dual-Use-VO (EU-Dual-Use-Güterliste) und Teil I Abschnitt B der Ausfuhrliste (deutsche Dual-Use-Güterliste). Die deutsche Rüstungsgüterliste findet sich in Teil I Abschnitt A der Ausfuhrliste. Die Ausfuhrliste ist eine Anlage der AWV.

Vor diesem Hintergrund wird klar, dass diese Genehmigungspflichten nur von den Unternehmen beachtet werden können, die ihren Warenstamm nach den Güterlisten des jeweiligen Gesetzes klassifiziert haben. Die Güterlistenprüfung als Herzstück der Exportkontrolle, sie ist die Basis einer zuverlässigen Exportkontrollorganisation im Unternehmen.

Vorgehen bei der Klassifizierung ziviler Güter

Hauptanwendungsfall der Exportkontrolle für zivile Güter ist eine Genehmigungspflicht für Ausfuhren der in Anhang I gelisteten Dual-Use-Güter. Geregelt ist die Genehmigungspflicht in Art. 3 Abs. 1 EU-Dual-Use-VO. Ausnahmen von der Genehmigungspflicht gibt es für Dual-Use-Güter nicht.

Anhang I der EU-Dual-Use-VO ist eine technische Liste, die genehmigungspflichtigen Dual-Use-Güter werden anhand ihrer spezifischen technischen Parameter beschrieben. Alle Güter mit den beschriebenen technischen Spezifikationen unterfallen als Dual-Use-Güter der Exportkontrolle. Der Güterbegriff in der Exportkontrolle umfasst neben Waren, also körperlichen Gegenständen auch die im Zusammenhang mit den Waren entwickelte Software und Technologie.

Die Güterklassifizierung ist eine technische Prüfung und bezeichnet den Abgleich der technischen Eigenschaften des zu klassifizierenden Guts, mit den in der Güterliste beschriebenen technischen Eigenschaften. In der Praxis wird fälschlicherweise häufig die bekannte Verwendung oder auch lediglich die bloße Verwendungsmöglichkeit in die Güterklassifizierung mit einbezogen.

Dieses Vorgehen führt zu großen Unsicherheiten, da ein und dasselbe Gut je nach Verwendung unterschiedlich klassifiziert wird. Die rechtssichere Güterklassifizierung muss empfänger- und verwendungsunabhängig erfolgen.

Die Güterklassifizierung erfordert im Unternehmen individuelle Organisationsmaßnahmen, die Bestandteil des Internal Compliance Program (ICP) sein sollten. Wichtig ist in diesem Zusammenhang eine aussagekräftige Dokumentation der durchgeführten technischen Prüfungen und eine konsequente Pflege der Stammdaten.

Weitere Informationen, konkrete Hilfestellung und verfügbare Hilfsmittel zum Thema Güterklassifizierung finden Sie im folgenden Artikel:

Güterlisten und Klassifizierung: Das Herzstück der Exportkontrolle

Genehmigungspflichten für nicht gelistete Güter

Ausfuhr und Verbringung nicht gelisteter Güter sind grundsätzlich genehmigungsfrei. Ausnahmsweise kann eine Genehmigungspflicht bei Kenntnis oder Unterrichtung durch das BAFA über eine der in Art. 4 I und 5 I EU-Dual-Use-VO oder § 9 AWV genannten Verwendungszwecke bestehen. Die genannten Normen werden als Catch-all-Klauseln bezeichnet, da sie die große Masse, der nicht gelisteten Güter unter den beschriebenen Umständen unter eine Genehmigungspflicht stellen.

Folgende Verwendungszwecke sind gesetzlich normiert:

  • Verwendungen i. Z. m. der Verbreitung von ABC-Waffen und Trägertechnologie (Art. 4 Abs. 1a EU-Dual-Use-VO).
  • Militärische Endverwendungen, wenn das Käuferland oder Bestimmungsland ein Waffenembargoland ist (Art. 4 Abs. 1b EU-Dual-Use-VO).
  • Einsatz im Bereich der zivilen Kernkraft unter den in § 9 Abs. 1 AWV genannten Bedingungen.
  • Außerdem ist die Ausfuhr nicht gelisteter digitaler Überwachungsgüter i. Z. m. internen Repressionen und schwerwiegenden Verstößen gegen Menschenrechte oder humanitäres Völkerrecht gem Art. 5 Abs. 1 EU-Dual-Use-VO genehmigungspflichtig.

Genehmigungspflichten aus den besonderen Vorschriften der Exportkontrolle

Die Sanktionsvorschriften der EU gehen den allgemeinen Vorschriften der Exportkontrolle als speziellere Gesetze vor. Die Sanktionsverordnungen der EU normieren neben unmittelbaren und mittelbaren Bereitstellungsverboten in erster Linie Beschränkungen für den Handel mit bestimmten Gütern sowie den zugehörigen Dienstleistungen und Finanzmitteln.

Mithilfe des Sanktionslistenscreenings kann überprüft werden, ob gegen Geschäftspartner unmittelbare Bereitstellungsverbote seitens der EU bestehen. Im Trefferfall ist jegliche Bereitstellung von Geldern oder wirtschaftlichen Ressourcen verboten.

Mit der CFSP-Liste (Consolidated Financial Sanctions Parties List) stellt die EU eine Datenbank zur Verfügung, in der tagesaktuell die Personen, Unternehmen und Organisationen konsolidiert werden, gegenüber denen seitens der EU-Finanzsanktionen bestehen. Neben den unmittelbaren Bereitstellungsverboten normieren die Sanktionsvorschriften der EU immer auch mittelbare Bereitstellungsverbote.

Das bedeutet, dass ein Geschäftspartner, der selbst nicht gelistet ist, aber im Eigentum einer sanktionierten Entität steht, unter das mittelbare Bereitstellungsverbot fällt. Die Überprüfung der mittelbaren Bereitstellungsverbote wird in der Praxis unterschiedlich durchgeführt. Neben individuellen Abfragen der Eigentumsverhältnisse besteht die Möglichkeit, kostenpflichtige Datenbanken zur Prüfung der Beteiligtenkonstellationen zu nutzen.

Weitere Informationen, konkrete Hilfestellung und verfügbare Hilfsmittel zum Thema Sanktionslistenscreening finden Sie im folgenden Artikel:

Sanktionslistenscreening: Wie, was, warum und das Drumherum

Beschränkungen aus Embargovorschriften gegen sanktionierte Länder

Neben Bereitstellungsverboten beschränken die EU-Embargoverordnungen den Geschäftsverkehr mit bestimmten Ländern. Unternehmen, die mit Embargoländern Geschäfte machen möchten, müssen für den Einzelfall und vorrangig prüfen, ob das geplante Geschäft den Beschränkungen aus der Embargoverordnung unterliegt.

Aktuelles Beispiel ist der Geschäftsverkehr mit Russland. Überprüft werden muss, ob die aktuelle Embargoverordnung EU-VO 833/2014 gegen Russland für das geplante Geschäft Beschränkungen in Form von Verboten oder Genehmigungspflichten vorsieht. Ähnlich wie die EU-Dual-Use-VO arbeiten auch die Embargoverordnungen der EU mit Güterlisten in den Anhängen.

Die aktuelle Embargoverordnung gegen Russland hat eine Vielzahl von Anhängen, die ganz unterschiedliche Güterkreise betreffen. Neben gelisteten und nicht gelisteten Hightech-Gütern finden sich in den Anhängen beispielsweise Ausrüstungsgegenstände aus dem Energiebereich, Güter der Ölraffinerie, der Luft- und Raumfahrt, der Seeschifffahrt, Luxusgüter und auch Güter, die die industriellen Kapazitäten Russlands stärken. Gekennzeichnet sind die betroffenen Güter in den meisten Anhängen durch eine Warennummer.

Beabsichtigt ein Unternehmen beispielsweise den Verkauf einer Türdichtung mit der Warennummer 40169300 nach Russland, ist vor Abgabe eines verbindlichen Angebots zu prüfen, ob die Türdichtung in den Anwendungsbereich der Russlandsanktionen fällt. Anhang XXIII der Embargoverordnung Nr. 833/2014 gegen Russland listet die infrage kommende Warennummer.

Für die in Anhang XXIII gelisteten Güter gelten die in Art. 3k der Verordnung beschriebenen Beschränkungen. Aus Art. 3k folgt ein grundsätzliches Verbot für den Handel mit den in Anhang XXIII gelisteten Gütern. Ausnahmen von diesem Verbot sind möglich und müssen für den konkreten Einzelfall geprüft werden. Da die Änderungshäufigkeit der Embargoverordnungen hoch ist und die Sanktionspakete ohne Vorlauf in Kraft treten, empfiehlt es sich bei der Organisation der Exportkontrolle im Unternehmen, ein besonderes Augenmerk auf den Geschäftsverkehr mit Embargoländern zu richten.

Alle Länderembargos jederzeit beachten

Embargomaßnahmen werden in vielen Rechtsgebieten weltweit erlassen – und häufig geändert. Die automatische Embargoprüfung mit der AEB-Software Export Controls hilft Ihnen, Ihre Ausfuhrvorgänge zu prüfen und Embargoverstöße zu vermeiden. 

Checkliste für die Exportkontrolle

Vier W-Fragen weisen Unternehmen auf die relevanten Beschränkungen des Sanktions- und Exportkontrollrechts hin und bieten Sicherheit bei der Trade Compliance Prüfung. Je nach Prüfergebnis sollten geeignete Maßnahmen ergriffen werden, um die Einhaltung der Beschränkungen zu gewährleisten.


Prüffragen


Was zu tun ist

1

An wen liefere ich?
Bestehen gegen meinen Geschäftspartner Bereitstellungsverbote?


Prüfung der Geschäftspartner gegen die CFSP-Liste der EU. Mit gelisteten Geschäftspartnern sind Geschäftsbeziehungen verboten.

2

Wohin liefere ich?


Prüfung der Embargoverordnungen im Geschäftsverkehr mit Embargo- und Umgehungsländern. Die zu beachtenden Verbote oder Genehmigungspflichten ergeben sich aus der einschlägigen Norm.

3

Was liefere ich?
Finden sich gelistete Güter im Warenstamm?


Prüfung der nationalen Rüstungsgüterliste und der EU-weit einheitlichen Dual-Use-Güterliste des Anh. I der EU-Dual-Use-VO. Genehmigungspflichten für gelistete Güter sind bei Auslandsgeschäften zu beachten.

4

Wofür wird das Gut verwendet?


Prüfung nicht gelisteter Güter auf Genehmigungspflichten. Bei positiver Kenntnis einer kritischen Endverwendung oder bei einer Unterrichtung durch die zuständige Behörde sind Genehmigungspflichten zu beachten.