Lieferkettengesetz – was fordert die EU?
Sorgfaltspflichten

Lieferkettengesetz – was fordert die EU?

Zum 1. Januar 2023 trat das deutsche Lieferkettensorgfaltspflichtengesetz (LkSG) in Kraft. Nun wurde die EU-Richtlinie (CSDDD) verabschiedet– was kommt wann auf die Unternehmen zu?

Am 15. März haben sich die EU-Mitgliedstaaten mehrheitlich auf einen geänderten Regelungstext der EU-weiten "Lieferkettenrichtlinie" (Corporate Sustainability Due Diligence Directive, CSDDD) geeinigt. Sie enthält, wie das deutsche Lieferkettensorgfaltspflichtengesetz (LkSG), umwelt- und menschenrechtsbezogene Sorgfaltspflichten. Doch wann und wirkt sich die CSDDD auf Unternehmen in Deutschland aus? 

Schon jetzt werden Unternehmen jeder Größe mit Anfragen zum LkSG überhäuft. Manche sind im ersten Moment ratlos oder fragen sich: Was hat das eigentlich mit uns zu tun? Hier hilft SOLID mit einer neuen Prüfung weiter. Eine Zusammenfassung mit Ausblick.

Ein Blick auf das deutsche Lieferkettensorgfaltspflichtengesetz

Das deutsche Gesetz wurde am 11. Juni 2021 im Bundestag verabschiedet und trat ab dem 1. Januar 2023 in Kraft. Bis Ende 2023 waren Unternehmen oder Zweigniederlassungen mit über 3.000 Arbeitnehmern mit Sitz im Inland inklusive ins Ausland entsandte Beschäftigte davon betroffen. Seit dem 1. Januar 2024 gilt das LkSG auch für Unternehmen mit über 1.000 Arbeitnehmern. 

Von Unternehmen wird eine Risikoanalyse in unterschiedlichen Ausprägungen erwartet. Im Fokus steht der eigene Geschäftsbereich und unmittelbare Zulieferer. Mittelbare Zulieferer bis hin zum Rohstofflieferanten müssen nur anlassbezogen überprüft werden. Wird dabei eine „substantiierte Kenntnis“ von Menschenrechtsverstößen festgestellt, muss auch der Handel mit dem mittelbaren Zulieferer unterbunden werden.

Als Risikofelder werden Zwangs- oder Kinderarbeit, Diskriminierung, Verstoß gegen die Vereinigungsfreiheit, problematische Anstellungs- und Arbeitsbedingungen sowie Umweltschädigungen genannt. Zudem wird für die betroffenen Unternehmen gesetzlich eine jährliche, öffentliche Berichterstattungspflicht eingeführt.
Eine zivilrechtliche Haftung der Unternehmen ist im Lieferkettengesetz nicht vorgesehen. Doch kommt es zu Verstößen gegen Standards in der Lieferkette, können sich private Geschädigte durch Nichtregierungsorganisationen (NGOs) oder Gewerkschaften vertreten lassen (siehe §11 Besondere Prozessstandschaft). Zudem können bei Nichteinhaltung der Sorgfaltspflichten Bußgelder verhängt und Unternehmen bis zu drei Jahre von öffentlichen Ausschreibungen ausgeschlossen werden.

Das zuständige Bundesamt für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle (BAFA) begleitet die Unternehmen und hat Antworten zum Anwendungsbereich des Gesetzes, zu den Sorgfaltspflichten, Abhilfemaßnahmen bei Verstößen, dem Beschwerdeverfahren, zur Berichterstattung und mehr auf seiner Webseite veröffentlicht. Mit der BAFA Risikodatenbank erhalten die Unternehmen außerdem öffentlich zugängliche Quellen zu menschenrechts- und umweltbezogenen Risiken für bestimmte Branchen, Länder und Rohstoffe. Dabei erhebt die Datenbank keinen Anspruch auf Vollständigkeit. Aber sie wird regelmäßig durch das BAFA aktualisiert und weiterentwickelt.

>> Zum Gesetz über die unternehmerischen Sorgfaltspflichten zur Vermeidung von Menschenrechtsverletzungen in Lieferketten (Lieferkettensorgfaltspflichtengesetz - LkSG)

>> >>Zur BAFA-Webseite: Lieferketten 

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Rechtsrahmen und Handreichungen: So hilft SOLID 

Wer sich punktgenau durch den Gesetzestext, Erläuterungen, FAQ und Handreichungen führen lassen möchte, kann die Prüfung zum Lieferkettensorgfaltspflichtengesetz in SOLID nutzen.

SOLID führt durch den Gesetzestext und verlinkt an den entsprechenden Stellen auf die vom BAFA erarbeiteten Lösungen, die in Form von Handreichungen und FAQ bei der Umsetzung des LkSG unterstützen. Außerdem verlinkt SOLID auf die Fragen des elektronischen Berichtsfragebogens im PDF-Format. Damit unterstützt SOLID die betroffenen Unternehmen bei den Vorbereitungen zur Erfüllung der Berichtspflicht.

Hinweis:
Diese Prüfung steht kostenfrei zur Verfügung. Wer bei SOLID registriert ist, kann sie jederzeit nutzen. PLUS Abonnenten können zudem das Ergebnis der Prüfung archivieren und Prüffälle mit den eigenen Kommentaren auch nachträglich jederzeit einsehen.

>> Zur Prüfung: Das Lieferkettensorgfaltspflichtengesetz - bin ich betroffen?

SOLID Logo
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Mit dem LkSG werden Unternehmen verpflichtet, in ihren Lieferketten menschenrechtliche und bestimmte umweltbezogene Sorgfaltspflichten in angemessener Weise zu beachten. Prüfen Sie mit SOLID, welche Vorkehrungen Sie zur Einhaltung des LkSG treffen müssen.

Ein Blick auf die EU-Richtlinie

Heftig diskutiert wurde die europäische Richtlinie (CSDDD) schon seit Jahren. Ende 2023 wurde eine vorläufige Einigung erreicht, doch Anfang 2024 kam es zu Nachverhandlungen. Am 15. März haben sich die EU-Mitgliedstaaten dann mehrheitlich auf einen neuen Regelungstext geeinigt, dem der Rechtsausschuss des Europäischen Parlaments am 19. März zugestimmt hat. Nun steht die CSDDD am 24. April 2024 im Plenum zur endgültigen Abstimmung auf der Tagesordnung. 

Sobald die europäische Richtlinie im Amtsblatt der EU veröffentlicht wird, tritt sie 20 Tage später in Kraft und muss innerhalb von zwei Jahren in nationales Recht übertragen werden.

Betroffen sind nach dem 1. Januar 2029 Unternehmen in Europa ab 1.000 Beschäftigten und einem Umsatz von mehr als 450 Millionen Euro.

>> Zum neuen Richtlinientext der CSDDD

Das ändert sich für Unternehmen in Deutschland

Die Anzahl der in Deutschland betroffenen Unternehmen wird sich voraussichtlich erhöhen, denn gemäß CSDDD werden alle Beschäftigten und nicht nur die im Inland mitgerechnet. Dass Unternehmen erst ab einem Umsatz von 450 Millionen verpflichtet werden, führt wohl ebenfalls nicht zu einem Rückgang, denn das national bereits verankerte Schutzniveau soll nicht verringert werden. Und im LkSG ist bislang kein Mindestumsatz festgelegt. Insofern steht die eingeräumte Übergangsfrist, gemäß derer die Vorgaben zunächst für Firmen mit mehr als 5.000 Beschäftigten und mehr als 1,5 Milliarden Euro Umsatz weltweit gelten und nach vier Jahren für Unternehmen mit 3.000 Mitarbeitende und 900 Millionen Umsatz, für Deutschland wahrscheinlich nicht so sehr im Fokus. Europaweit sind es allerdings wichtige Schritte – vor allem bezüglich der Pflichten.

Was ändert sich also? Während in Deutschland Unternehmen vorrangig ihre unmittelbaren Zulieferer prüfen müssen, nimmt der europäische Entwurf von Anfang an die ganze Lieferkette in den Blick. Gewicht gewinnt auch eine risikoorientierte Priorisierung bei Analyse und Berichterstattung. Zusätzliche Menschenrechte betreffen Folter, Bedrohung von Freiheit und Sicherheit, unzureichende Löhne und Landvertreibung. Umweltschäden werden im europäischen Entwurf außerdem stärker berücksichtigt. Ganz neu sind Anforderungen zur Bekämpfung des Klimawandels. Mit einem Klimaplan sollen Unternehmen darstellen, mit welcher Strategie sie zu der Erreichung des 1,5-Grad-Ziels beitragen werden. Für Unternehmen, die einen Bericht gemäß der Corporate Sustainability Reporting Directive (CSRD) erstellen müssen, ist eine Verknüpfung vorgesehen. 

Die Mitgliedstaaten werden eine Aufsichtsbehörde benennen, die das Verhalten der Unternehmen untersucht und Sanktionen gegen Unternehmen verhängt, die die Vorschriften nicht einhalten. Gemäß CSDDD sind Geldstrafen von bis zu 5 Prozent des weltweiten Nettoumsatzes möglich. Auch ist eine zivilrechtliche Haftung implementiert - eines der umstrittenen Themen. Das heißt, die Unternehmen werden auch schadenersatzpflichtig sein und müssen ihre Opfer entschädigen. Eine Haftung soll aber ausgeschlossen sein, wenn ausschließlich der Lieferant für den Schaden verantwortlich ist.

Kurz: Durch die europäische Richtlinie CSDDD werden die Anforderungen in Europa vereinheitlicht. Die zahlenmäßige Erweiterung der betroffenen Unternehmen wird sich hoffentlich spürbar bei den Lebens- und Arbeitsbedingungen von Menschen im globalen Süden bemerkbar machen. Zudem profitiert die deutsche Wirtschaft: Deutschland gehört dann nicht mehr zu der Minderheit der EU-Mitgliedstatten mit eigenen Lieferkettengesetzen. Die dadurch den Vorreitern entstandenen Wettbewerbsnachteile auf dem europäischen Markt werden nun ausgeglichen. Auch die Prüfung europäischer Lieferanten dürfte sich damit vereinfachen bzw. teilweise ganz entfallen. Dennoch sollten Unternehmen schon jetzt ihre Lieferkette stärker in den Blick nehmen und sich vorbereiten. Und last but not least ist der stärkere Schutz der Menschen- und Umweltrechte ein Qualitätssiegel für Waren und Dienstleistungen aus Europa.