Brexit-Guide I: Was bei der Zollanmeldung wichtig ist
Zoll

Brexit-Guide I: Was bei der Zollanmeldung wichtig ist

Ob Brexit mit Freihandelsabkommen oder ohne: Ab Januar 2021 sind Zollanmeldungen nötig für den Warenverkehr mit dem Vereinigten Königreich. Wir zeigen, was in Sachen Zoll jetzt wichtig ist.

Brexit: Was ist bei Zollanmeldungen wichtig?

Seit 1. Januar 2021 ist das Vereinigte Königreich nicht mehr Teil des EU-Binnenmarkts. Das bedeutet: Es sind Zollanmeldungen nötig. Alles, was Sie dazu wissen müssten, steht in unserer Schritt-für-Schritt-Anleitung für Zollanmeldungen.

Am Eurotunnel und vielen Häfen wurden die Standflächen für die Zollabfertigung erweitert. Wegen der Kontrollen wird mit Engpässen gerechnet und mit Rückstau auf den Zufahrtswegen –  zumindest noch in der Anlaufphase.

An den kurzen Verbindungen über den Kanal und am Eurotunnel stehen Grenzabfertigungssysteme zur Verfügung (SMART Border). Hier werden nach dem Brexit die Zollanmeldungen (Ausfuhr, Einfuhr, Versand) abgegeben. Pro Beförderungsmittel werden sie dann unter einer neuen bzw. zusätzlichen Registriernummer zusammengefasst. Bei Ankunft am Hafen oder Tunnel wird nur diese eine Registriernummer bestätigt. Damit sollen Wartezeiten für die Erstellung und Abgabe von Zollanmeldungen vor Ort entfallen. Die bisherige Handhabung von „logistischen“ Papieren bei den Fährgesellschaften bleibt jedoch nach jetzigem Kenntnisstand bestehen.

Schon während der Überfahrt kann das Einfuhrland entscheiden, ob am Zielhafen eine Zollkontrolle notwendig ist. Für Lkw, die nicht kontrolliert werden müssen, entfallen die Wartezeiten. Die Basis der niederländischen Lösung für den Brexit ist die digitale Voranmeldung von Zolldokumenten bei den Terminals über das Port Community System von Portbase.

Waren aus der EU ins Vereinigte Königreich exportieren: Informationen in Englisch
SMART Border 2021: Informationen in Französisch
Informationen zum Port Community System von Portbase (Niederlande)

Ganz konkret: Fallbeispiele für Zollanmeldungen nach dem Brexit

1. Lieferung aus Deutschland nach Großbritannien
In Deutschland muss als Zollanmeldung eine Ausfuhranmeldung erstellt werden und in Großbritannien eine Einfuhranmeldung. Abhängig von den Lieferbedingungen ist der Lieferant oder sein Kunde in der Pflicht, die Ausfuhr- und/oder Einfuhrabwicklung zu organisieren und die Kosten zu tragen. Geeignete Lieferbedingungen gewinnen durch den Brexit also an Bedeutung.

2. Lieferung aus Großbritannien nach Deutschland bei Überfahrt nach Frankreich
Im Vereinigten Königreich muss als Zollanmeldung eine Ausfuhranmeldung erstellt werden. In Frankreich ist eine Einfuhranmeldung Pflicht. Gefolgt von innergemeinschaftlichem Verbringen (Verfahren 4200). Der Transport von Frankreich nach Deutschland ist in Frankreich als Intrastat Versendung anzumelden. In Deutschland erfolgt die Anmeldung als Intrastat Eingang. Alternativ kann bereits im Vereinigten Königreich ein Versandverfahren bis Deutschland eröffnet werden. In diesem Fall werden Zoll und Einfuhrumsatzsteuer in Deutschland erhoben.

Sonderfall Nordirland: keine Zollanmeldungen nötig

Das Nordirlandprotokoll des Austrittsabkommens verfolgt den Ansatz, Nordirland auch nach dem Brexit in Bezug auf Zoll, Mehrwertsteuer und Verbrauchsteuern wie einen EU-Mitgliedstaat zu betrachten. Somit bleiben Lieferungen nach Nordirland innergemeinschaftliche Lieferungen. In diesem Fall sind keine Ausfuhranmeldungen zu erstellen. Die Regeln des Nordirlandprotokolls sollen außerdem alle vier Jahre überprüft werden, erstmals 2024.

Bei Sendungen in die Republik Irland muss ggf. nachgewiesen werden, dass die Ware aus dem freien Verkehr der Union stammt. Dafür kommen die üblichen Statusnachweise in Betracht: bei Waren, die über den Seeweg verbracht werden, beispielsweise das T2L-Dokument. Insbesondere beim Weg über Großbritannien kommt ein NCTS-T2-Versandverfahren in Betracht.

Brexit-Deal: Was das Freihandelsabkommen bedeutet – und was nicht

Am Ende kam der Deal doch noch zustande. Er sieht Nullzollsätze und Nullquoten für alle Waren vor, die zwischen Großbritannien und der EU gehandelt werden – wenn sie die entsprechenden Ursprungsregeln erfüllen. Leider steckt der Teufel im Detail des 1.390 Seiten starken Dokuments. Denn zollfrei bedeutet nicht "frei von Formalitäten". Im Gegenteil. Den sogenannten Präferenzzollsatz können Sie nur beanspruchen, wenn Sie mit „Ursprungswaren“ handeln und dies im Detail dokumentieren und nachweisen.

Sie sind zur Anwendung von Präferenzzollsätzen berechtigt, wenn sie eine von zwei Bedingungen erfüllen:

  • Sie besitzen eine vom Ausführer ausgefertigte Erklärung zum Ursprung des Erzeugnisses
  • Sie besitzen die Gewissheit des Einführers über den Ursprung des Erzeugnisses

Bei Exporten aus der EU nach Großbritannien kann jeder Exporteur eine Erklärung zum Ursprung ausstellen, wenn der Wert der Sendung 6.000 Euro oder weniger beträgt. Wenn der Wert höher ist, muss der EU-Ausführer ein Registrierter Ausführer (REX) sein.

Details haben wir in einem Kurz-Überblick zu den Ursprungsregeln zusammengefasst.

Vergleich mit anderen Freihandelsabkommen: Das Handels- und Kooperationsabkommen ist von den anderen EU-Freihandelsabkommen getrennt. Eine diagonale Kumulierung oder die Weitergabe des Präferenzursprungs eines anderen Freihandelspartners bei Handelsware ist nicht vorgesehen.

Kein präferenzieller EU-Ursprung bei UK-Vormaterialien: Vormaterialien aus dem Vereinigten Königreich verlieren mit dem Ende der Übergangsfrist ihren präferenziellen EU-Ursprung. Das gilt nach den Dokumenten der EU-Kommission auch rückwirkend für bereits gelieferte Waren. Die Regelung ist unabhängig vom Last-Minute-Deal. Denn das Freihandelsabkommen regelt den Warenverkehr zwischen dem Vereinigten Königreich und der EU – nicht die Präferenz im Hinblick auf alle anderen Abkommen der EU. Überprüfen Sie daher Ihre Produkte mit britischen Vormaterialien und kalkulieren Sie ggf. neu.

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Kennzeichnungspflichten nach dem Brexit

Entsprechend der CE-Kennzeichnung der EU wurde im Vereinigten Königreich ein eigenes UKCA-Label geschaffen. Dabei entsprechen die der UKCA zugrundeliegenden Standards zunächst den heute in der EU gültigen CE-Standards. Kurz: Sowohl die von der Kennzeichnungspflicht betroffenen Warengruppen als auch die Anforderungen bleiben zunächst gleich.

In der Regel darf die CE-Kennzeichnung noch bis zum 1. Januar 2022 verwendet werden. Bei Waren, die vor dem 1. Januar 2021 in das VK eingeführt wurden, wird ihre CE-Kennzeichnung sogar unbefristet akzeptiert. Bei Zertifikaten von britischen Zertifizierern kann nun eine Konformitätsbewertung bei einem Zertifizierungsinstitut in der EU beantragt werden.

UKCA-Kennzeichnung bei der Einfuhr in das VK
Liste betroffener Produktkategorien bei der Einfuhr von VK-zertifizierten Produkten in die EU