Logistiker sehen ihr Geschäft durch Handelskonflikte bedroht
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Logistiker sehen ihr Geschäft durch Handelskonflikte bedroht

Noch haben die meisten Logistikdienstleister gut zu tun. Doch das könnte sich ändern, wie führende Vertreter der Branche auf der transport logistic warnten.

Es war eine zentrale Frage bei der Eröffnung der Fachmesse transport logistic: Wie entwickelt sich die Logistikwirtschaft im Jahr 2019? Doch selbst Top-Manager wie DHL-Vorstandschef Frank Appel blieben mit ihren Antworten vage. „Das ist noch nicht absehbar. Einerseits lief bei uns das erste Quartal recht gut - und auch E-Commerce und die Nachfrage nach Supply-Chain-Dienstleistungen stimmten“, sagte Appel während einer Podiumsdiskussion.

Entwicklung in der Luftfracht gilt als Frühwarnindikator

Für die Seefracht sieht Rolf Habben Jansen auch noch keine einheitliche Tendenz. „Anfang des zweiten Quartals gab es eine Schwächephase, aber derzeit merken wir eine Erholung“, sagte der CEO von Hapag-Lloyd. Alexander Doll, im Vorstand der Deutschen Bahn für Güterverkehr und Logistik zuständig, bewertet zumindest die kontinentalen Verkehre als „recht ordentlich“. Nur die Luftfracht steckt eindeutig in der Krise, wie Dorothea von Boxberg, Chefin bei Lufthansa Cargo, einräumen musste.  Was auch die anderen Logistikchefs nicht zuversichtlich stimmt, denn die Luftfracht gilt als Frühwarnindikator für die konjunkturelle Entwicklung.

Handelskonflikte verursachen Unplanbarkeit

Was für die Manager jedoch noch schwerer wiegt, ist die anhaltende Verunsicherung über verschiedene globale Handelskonflikte. „Insbesondere der Konflikt zwischen China und den USA belastet die Wirtschaft zunehmend“, beschwerte sich Appel. Den Unternehmen fehlt anhand der sprunghaften Entwicklung jede Planbarkeit. Rückendeckung bekamen die Logistiker von Bundesverkehrsminister Andreas Scheuer. „Die Freiheit des Handels ist der Treiber von Entwicklung und Wohlstand. Der Aufbau von Handelsbeschränkungen ist nicht der richtige Weg“, warnte der Politiker.

Ungeregelter Brexit: Chaos in den Kanalhäfen fast unausweichlich

Ebenfalls schwer planbar sind die Auswirkungen des Brexits. Ein von der Bundesvereinigung Logistik (BVL) im Rahmen der transport logistic veranstaltetes Forum „Neue Zeiten in UK – Umbruch oder Abbruch“ zeigte, dass viele Experten inzwischen einen ungeregelten Brexit für wahrscheinlich halten. Steffen Wiese, Head of Sales bei Dachser, warnte, dass 90 Prozent aller Lkw-Transporte mit Großbritannien und Irland über Calais und Dover abgewickelt werden. Es sei nicht möglich, das Volumen einfach auf andere Transportstrecken zu verteilen. Staus an den Grenzen seien fast sicher – und somit auch längere Lieferzeiten und höhere Transportkosten.

Wieses Tipp an Unternehmen: Schon vor dem Brexit alle Verträge mit Empfängern und Händlern prüfen und wichtige Dokumente für die Zollabwicklung einholen. Ohne Autorisierungen für die Zollabwicklung könnten Spediteure nach dem Brexit keine Transporte nach Großbritannien übernehmen.

Auch AEB-Experte Carsten Bente sieht den Zoll als Flaschenhals. Allein in UK werden rund 132.000 Unternehmen und Händler nach dem Brexit zum ersten Mal mit Zollvorschriften in Berührung kommen, so Bente. Das fehlende Know-how werde zum ernsten Hindernis. „Viele Unternehmen werden sich einen Dienstleister oder Partner suchen müssen, der ihnen bei der Zollabwicklung hilft“, sagt Bente.

Risiken beim präferenziellen Ursprung

Laut Bente birgt der Brexit vor allem Risiken im Hinblick auf die präferenzielle Ursprungseigenschaft. Britische Ursprungsware, die nach dem Brexit in die EU geliefert wird, ist offensichtlich keine EU-Ware mehr. Diese Ware ist dann für die Ermittlung des präferenziellen Ursprungs ein Vormaterial ohne Ursprung.

Aber zu beachten ist, dass auch Ursprungsware aus dem Vereinigten Königreich, die sich bereits vor dem Brexit im Gebiet der EU befindet, beispielsweise als Vormaterial oder Ersatzteil bei Unternehmen der EU27 im Warehouse oder gar bereits verbaut in den Produkten, aber noch nicht in ein Land eines Freihandelspartners der EU eingeführt wurde, ebenfalls seine präferenzielle Ursprungseigenschaft verliert! Nach einem Brexit, so Bente, müssten alle Lieferantenerklärungen für britische Ursprungsware widerrufen werden