Das Tief des deutsch-britischen
Handels hat auch im 3. Quartal 2017 angehalten. Die deutschen Unternehmen
führten mit 20,7 Mrd. Euro 3,6 % weniger Waren nach Großbritannien aus als im
Vorjahresquartal – betroffen sind auch deutsche Schlüsselindustrien wie
Automotive, Chemie und Maschinenbau. Das geht aus dem heute veröffentlichten
Export- und Importseismograf Deutschland (ESD/ISD) hervor, den das Institut für
Angewandte Logistik (IAL) der Hochschule Würzburg-Schweinfurt, das auf
Außenwirtschaft sowie Logistik spezialisierte Softwarehaus AEB sowie die
Agentur Hocke + Partner gemeinsam herausgeben. Der Effekt auf die
Transportmengen zwischen Deutschland und Großbritannien ist hingegen weniger
dramatisch. Bezogen auf das Gewicht wuchsen die Warenströme in Richtung UK
sogar um 1,6 % auf 4,7 Mio. t.
Britische Konjunktur- und Währungsschwäche belasten das Umfeld für
deutsche Exporteure
Nach Einschätzung von Prof. Dr. Christian
Kille vom IAL und dem AEB-Außenwirtschaftsexperten Dr. Ulrich Lison hat die
Negativentwicklung zwei Gründe. Erstens die schwache britische Konjunktur, die
seit der Ankündigung des Brexits unter der Unsicherheit von Unternehmen und
Verbrauchern leidet. Zweitens das schwache britische Pfund und die relativ hohe
Inflation in Großbritannien, die laut dem Herbstgutachten der EU-Kommission mit
2,7 % im Jahr 2017 deutlich über dem Wert der Eurozone (1,5 %) lag.
„Das relativ schwache britische
Pfund macht für deutsche Unternehmen und Verbraucher den Kauf britischer Waren
attraktiver“, nennt Kille eine weitere Auswirkung. Dies lässt sich auch im
ESD/ISD ablesen. Deutschland importierte im 3. Quartal 2017 britische Waren im
Wert von 9,2 Mrd. Euro – 5,3 % mehr als im Vorjahresquartal.
Insgesamt 6,6% mehr deutsche Exporte im dritten Quartal
Insgesamt war der schwächelnde
Export nach Großbritannien jedoch einer von wenigen Bremsklötzen der deutschen
Außenhandelslokomotive. Gemessen am Wert stiegen die deutschen Exporte
gegenüber dem Vorjahrsquartal um 6,6 % auf 317 Mrd. Euro, wobei die Exportmenge
mit 100,9 Mio. t stagnierte.
Ganz im Gegensatz zum Brexit hat die
Ankündigung einer America-First-Politik durch US-Präsident Donald Trump der
deutschen Exportwirtschaft nicht geschadet. Ganz im Gegenteil: die deutschen
Exportmengen in die USA wuchsen um 18 % auf 2,5 Mio. t. Allerdings bleibt
abzuwarten, wie der Außenhandel reagiert, wenn Trump seine Drohung wahrmacht
und Maßnahmen zur Verteuerung von Importen ergreift.
Indirekt profitieren Deutschland
und die EU übrigens von der Wirtschaftspolitik Trumps. So gelang es der EU, im
Dezember ein Freihandelsabkommen mit Japan unter Dach und Fach zu bringen.
Beide Seiten werteten dieses auch als Zeichen gegen den weltweit aufkommenden
Protektionismus. In früheren Jahren hatte sich Japan auf die Transpazifische
Partnerschaft (TPP) fokussiert, aus der die USA unter Trump trotz
Unterzeichnung ausscherte.
Exportwachstum in Richtung Japan könnte Einbrüche im US-Geschäft nicht
ausgleichen
Das Abkommen zwischen der EU und
Japan wird frühestens 2019 in Kraft treten und die EU-Unternehmen voraussichtlich
um rund eine Milliarde Euro an Zöllen entlasten. In der EU dürften die
Hersteller von Arzneimitteln, Medizinprodukten, Kraftfahrzeugen,
Beförderungsmitteln sowie Agrar- und Lebensmittelbranche besonders profitieren.
„Ein Blick in den ESD/ISD zeigt, dass die deutsche Exportwirtschaft von dem
Abkommen mit Japan keine Wunderdinge erwarten sollte. Der Wert der deutschen
Exporte nach Japan lag im 3. Quartal 2017 bei 5,2 Mrd. Euro. Das sind nicht
einmal 20 % des Wertes der Ausfuhren und die USA. Intensivere wirtschaftliche
Verflechtungen mit Japan können weder einen Einbruch der US-Exporte noch des
Handels mit Großbritannien kompensieren“, sagt Dr. Ulrich Lison.