Im Härtefall: Klauseln in internationalen Lieferverträgen
Absicherung

Im Härtefall: Klauseln in internationalen Lieferverträgen

Können Zollerhöhungen ebenso wie höhere Gewalt („force majeure“) zu Vertragsauflösungen führen? Wer zahlt für den Schaden? Mehr zu Klauseln in Kaufverträgen.

Das US-amerikanische Zollerhöhungen 2025 haben die Weltwirtschaft verunsichert. Auch das zeitweise Aussetzen oder zumindest Reduzieren schon verkündeter Strafzölle stellt vielleicht eine Atempause dar, bietet jedoch keine endgültige Entspannung. Die Drohung von weiteren Zollerhöhungen steht weiter im Raum. Wie Sie mit Klauseln in Kaufverträgen auf Turbulenzen reagieren können...

Privatrechtliche Verträge richtig gestalten

Internationale Lieferverträge können durch unerwartete Zölle wirtschaftlich schwierig oder gar unmöglich werden. Sie belasten Handelsbeziehungen und Lieferketten spürbar. Wer sich absichern will, kann bereits in den Handelsverträgen Vorsorge treffen.

Die Frage, wer die Zölle trägt, ist im Allgemeinen durch die vereinbarten Lieferbedingungen (Incoterms) geregelt. Meist hat der Käufer die Einfuhr abzuwickeln und die Abgaben zu zahlen. Einzige Ausnahme ist die Klausel DDP. Hier hat der Verkäufer für die Durchführung der Einfuhranmeldung und die Zahlung der Abgaben zu sorgen.

Die Internationale Handelskammer ICC hat dazu eine kostenfreie Handreichung erstellt: Using the Incoterms® 2020 rules to manage tariff risk in international trade.

Erster Tipp: 

Zollerhebungen treffen Importeure. Definieren Sie über die Incoterms, wer als Importeur gilt und somit die Zölle zu zahlen hat.

Incoterms in Frachtverträgen: Grundlagen, C- und D-Klauseln

Welche Auswirkungen Incoterms in Frachtverträgen haben, erläutern wir auch in dem Artikel Incoterms in Frachtverträgen: C- und D-Klauseln. 

In dem Beitrag wurden CPT/CIP und DAP/DPU exemplarisch als Lieferungen frei Bestimmungsort beleuchtet – nutzbar für alle Schiffs-, Luft und Landtransporte.

Preisanpassungsklauseln

Viele Verträge enthalten Preisanpassungsklauseln für unerwartete Kostenänderungen. Diese Preisanpassungsklauseln variabilisieren einzelne Positionen, wie zum Beispiel Transportkosten oder Materialkosten, indem diese etwa an eine allgemeine Preisentwicklung angepasst werden, z. B. die Entwicklung der Lohnkosten wird an künftige Tarifabschlüsse oder der Wert des verwendeten Kupfers an einen entsprechenden Index gebunden.

Zweiter Tipp: 

Preisanpassungsklauseln sind in der Regel so formuliert, dass sie auf drastische Änderungen der Kostenfaktoren Bezug nehmen. Somit können sie einen Anknüpfungspunkt für die nachträgliche Änderung der Verteilung der Zollkosten bieten.

Force Majeure-Klauseln („Höhere-Gewalt-Klauseln“)

Force Majeure-Klauseln existieren in vielen Verträgen, insbesondere im anglo-amerikanischen Raum. Allerdings allein höhere Kosten gelten meist nicht als höhere Gewalt. Dies ist meist nur dann der Fall, wenn ausdrücklich etwa besondere „wirtschaftliche Härte“ oder „extreme Preisschwankungen“ genannt sind. 

Wichtig ist auch zu beachten, dass „Force Majeure“ als unbestimmter Rechtsbegriff in unterschiedlichen Gebieten dieser Erde auch unterschiedlich verstanden wird. So werden beispielsweise die Folgen eines Hurricanes in Florida nicht als Force Majeure betrachtet.

Härtefallklauseln

Ähnlich wie „Force Majeure“ können auch Härtefallklauseln hilfreich sein. Solche Härtefallklauseln erlauben oft Neuverhandlungen oder Vertragsbeendigungen bei drastischen Änderungen der Rechtslage oder des wirtschaftlichen Umfelds. 

Härtefallklauseln sollten also beinhalten, dass im Falle von bedeutenden Veränderungen der rechtlichen Regelungen auch Kündigung oder Neuverhandlungen ermöglicht werden.

Dritter Tipp: 

In Verträgen mit DDP-Klausel werden hin und wieder auch die Zölle im Ganzen oder Zollsatzänderungen berücksichtigt. Das sollten Sie in diesem Fall auch tun! Wenn solche Klauseln fehlen, bleibt nur, auf die Kulanz der anderen Partei zu setzen und eine einvernehmliche Lösung herbeizuführen.

Incoterms2020 - alle Handelsklauseln in der Übersicht
Incoterms2020 - alle Handelsklauseln in der Übersicht

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Was sagen die Rechtsordnungen dazu?

Welches Recht anwendbar ist, richtet sich z. B. nach der Rom-I-Verordnung und der Umsetzung im EG-BGB. Maßgeblich ist für die Anwendung des nationalen Rechts der Ort der Erfüllung des typischen Grundgeschäfts. Das ist beim Kauf der Lieferort, der meist im verwendeten Incoterm geregelt ist. Grundsätzliche Überlegungen führen dazu, im internationalen Geschäft, soweit dies möglich ist, auf den Verweis auf die nationale Zivilrechtsordnung zu verzichten. Derzeit ist das UN-Kaufrecht in 97 Staaten ratifiziert. Zusammen mit den auf das CISG abgestimmten Incoterms 2020 ist dies die ideale Rechtsgrundlage, insbesondere wenn es darum geht, in der Praxis nicht bedachte Rechtsunsicherheiten zu vermeiden.