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Trade Compliance Management

EAR99, CCL, ECCN und mehr: Tipps und Prüfschritte zur US-Exportkontrolle

Ein Überblick zur US-Exportkontrolle von EAR99 über CCL, CCC hin zur ECCN. Denn Verstöße gegen das US-Re-Exportkontrollrecht können schwerwiegende Folgen haben.

Wann unterstehen Unternehmen dem US-Re-Exportkontrollrecht nach den EAR?

Das US-Exportkontrollrecht nach den EAR (Export Administration Regulations) ist derzeit das einzige nationale Exportkontrollrecht mit extraterritorialer Geltung. Aus diesem Grund kommen auch Unternehmen, die ihren Sitz außerhalb der USA haben, beim Handel mit zivilen US-Produkten mit den Regelungen der US-Re-Exportkontrolle nach den EAR in Berührung.

Die Extraterritorialität folgt aus dem Begriff des Reexports, der auch Lieferungen außerhalb der USA In den Anwendungsbereich der EAR führt. Was genau unter einem Reexport im Anwendungsbereich der EAR zu verstehen ist, definiert § 734.14 EAR:

§ 734.14 REEXPORT
(….)
(1) An actual shipment or transmission of an item subject to the EAR from one foreign country to another foreign country, [...]
(….)

Zwar gelten die EAR weltweit für alle Länder, allerdings ist die extraterritoriale Anwendung auf „items subject to the EAR“ beschränkt. Bevor mit umfangreichen Prüfungen der EAR begonnen werden kann, sollte zunächst geprüft werden, welche Geschäfte überhaupt einen US-Bezug aufweisen und damit in den Anwendungsbereich der EAR fallen. Als mögliche Bezugsfaktoren nennen die EAR zwei Anwendungsbereiche:

  1. Einen güterbezogenen Anwendungsbereich für alle US-Produkte weltweit (in § 734.3; 4 & 9).
  2. Und einen personenbezogenen Anwendungsbereich für bestimmte Aktivitäten von US-Personen (in § 734.5).

EAR: Finden sich US-Produkte im Warenstamm?

In den Anwendungsbereich der US-Re-Exportkontrolle nach den EAR fallen weltweit alle zivilen US-Produkte. Welche Produkte das sind, wird in § 734. 3; 4 und 9 EAR abschließend definiert. Vor diesem Hintergrund müssen alle Unternehmen außerhalb der USA in einem ersten Prüfungsschritt festlegen, ob sich in ihrem Warenstamm US-Produkt befinden.

Produkte, die sich in den USA befinden

Nach § 734.3(a) 1 EAR fallen alle zivilen Produkte, die sich in den USA befinden in den Anwendungsbereich der EAR. Das gilt auch für Güter, die durch die USA durchgeführt werden.

Beispiel (§ 734.3(a) 1 EAR)

In Deutschland gefertigte Produkte werden über den Hafen von Miami nach Mittel- und Südamerika geliefert. In Miami werden diese lediglich umverpackt. Die deutschen Produkte unterstehen dann beim Export aus den USA als US-Produkte den Bestimmungen der EAR. Mit Verlassen der USA finden sich die Produkte nicht mehr im Anwendungsbereich der EAR – die Eigenschaft „US-Produkt“ geht damit verloren.

Produkte, die in den USA hergestellt wurden

Nach § 734.3(a)(2) EAR sind alle zivilen Produkte, die in den USA hergestellt oder wesentlich verändert werden und keiner anderen Behörde zugewiesen sind, US-Produkte im Anwendungsbereich der EAR. Hier liegt der Hauptanwendungsfall der extraterritorialen Geltung der EAR. Gleichgültig, wo auf der Welt sich die US-Origin-Products befinden, unterliegen sie den Vorschriften der US-Re-Exportkontrolle nach den EAR.

Beispiel (§ 734.3(a)(2) EAR)

Pumpen, die in den USA hergestellt wurden und sich im Warenstamm eines deutschen Unternehmens finden, fallen als US-Origin-Products in den Anwendungsbereich der EAR. Werden diese Pumpen von Deutschland nach Südafrika und von dort weiter in den Sudan geliefert, sind sowohl die Lieferung von Deutschland nach Südafrika als auch die Weiterlieferung in den Sudan Reexporte im Anwendungsbereich der EAR.

Güter, die US-Produkte beinhalten

Außerhalb der USA hergestellte Produkte sind nach § 734.4 EAR US-Produkte, wenn sie einen bestimmten Anteil an kontrollierten US-Produkten enthalten (De-Minimis-Rule). Entscheidend kommt es für die Anwendung der De-Minimis-Rule darauf an, ob die verbauten US-Produkte für das Bestimmungsland des außerhalb der USA hergestellten Produkts kontrolliert sind.

„Kontrolliert“ ist ein US-Produkt dann, wenn der Export des US-Produkts aus den USA in das Bestimmungsziel des z.B. in Deutschland hergestellten Produkts einer Genehmigungspflicht nach den EAR unterliegt. Die De-Minimis-Schwelle für kontrollierten US-Produkte liegt grundsätzlich bei 25%. 

Eine Ausnahme besteht für die Länder der Ländergruppe E:1 und E:2 (derzeit Iran, Kuba, Syrien und Nordkorea): Hier liegt die Schwelle bei 10%, siehe § 734.4 EAR.

Beispiel (§ 734.4 EAR)

Ein Unternehmen bezieht aus den USA nicht gelistete Standardpumpen mit der Klassifizierung EAR99. Die Pumpen werden in deutsche Maschinen verbaut. Bestimmungsziel der deutschen Maschinen ist Südafrika. Eine Berechnung des US-Anteils der Pumpen nach der De-Minimis-Rule muss nur dann vorgenommen werden, wenn die US-Pumpen für Südafrika genehmigungspflichtig nach den EAR sind.

Um dies festzustellen, ist folgende fiktive Prüfung notwendig:

  • Würden die US-Pumpen (EAR99) unverbaut nach Südafrika geliefert, könnte das genehmigungsfrei erfolgen. Der Reexport von US-Pumpen (EAR99) nach Südafrika ist nicht genehmigungspflichtig. Die US-Pumpen (EAR99) sind für Südafrika nicht kontrolliert.
  • Werden die US-Pumpen verbaut in einer deutschen Maschine nach Südafrika geliefert, beträgt der kontrollierte US-Anteil 0%. Wichtig ist es zu verstehen, dass es bei der De-Minimis-Rule auf den kontrollierten US-Anteil ankommt und nicht auf den tatsächlichen. Auch wenn der tatsächliche Anteil der US-Pumpen z.B. 37% des Verkaufspreises der deutschen Maschine ausmacht, bleibt es für die De-Minimis-Rule bei den entscheidenden 0% kontrolliertem US-Anteil.

Das Ergebnis der Prüfung lautet: Die deutschen Maschinen sind für Südafrika keine US-Produkte und damit „not subject to the EAR“.

  • Wäre das Bestimmungsziel der deutschen Maschinen Syrien, sähe das Ergebnis der Prüfung anders aus. Exporte aller US-Produkte nach Syrien sind genehmigungspflichtig. Damit sind die US-Pumpen für das Bestimmungsziel Syrien kontrolliert. Der kontrollierte US-Anteil beträgt für Syrien 37% und liegt damit über der für Syrien geltenden De-Minimis-Schwelle von 10%.

Das Ergebnis der Prüfung lautet dann: Die Maschinen sind für Syrien US-Produkte und damit „subject to the EAR“.

Die Guidelines zur Anwendung der De-Minimis-Rule finden sich in Supplement No. 2 to Part 734 EAR. Bevor Unternehmen mit der Berechnung der Höhe des US-Anteils im Rahmen einer De-Minimis-Kalkulation beginnen können, müssen folgende Informationen vorliegen:

  • Klassifizierung der verbauten US-Produkte: ECCN oder EAR99
  • Bestimmungsziele der außerhalb der USA hergestellten Produkte
  • Prüfung, für welche Gut-Landkombinationen eine Genehmigungspflicht nach den EAR besteht
Nur für die verbauten US-Produkte, die für die konkreten Bestimmungsziele genehmigungspflichtig sind, muss eine De-Minimis-Kalkulation, also eine Anteilsberechnung, vorgenommen werden. Eine Reihe von Ausnahmen von der De-Minimis-Rule finden sich unter anderem in § 734.4.(a)(1)-(5). Sonderregelungen gelten für ECCN 9x515 und die 600er-Serie.

Unter US-Lizenz hergestelle Produkte

Außerhalb der USA hergestellte Produkte fallen als „Foreign Direct Products“ gem. § 734.9 EAR in den Anwendungsbereich der EAR, wenn sie unmittelbar unter Nutzung bestimmter US-Technologie oder US-Software hergestellt wurden. 

Außerhalb der USA hergestellte Produkte gelten auch dann als FDP im Anwendungsbereich der EAR, wenn sie mit Fertigungsanlagen hergestellt wurden, die wiederum das direkte Produkt bestimmter US-Technologie oder US-Software sind. Die EAR unterscheiden in § 734.9 neun verschiedene Anwendungsfälle zu den FDP-Rules.

Beispiel (§ 734.9 EAR)

Ein deutsches Unternehmen nutzt eine US-Lizenz (US-Technologie (EAR99)) zur Herstellung von nicht gelisteten Pumpen (EAR99). Die in Deutschland unter Nutzung von nicht gelisteter US-Technologie hergestellten Pumpen werden von den in § 734.9 EAR beschriebenen Anwendungsfällen der FDP-Rules nicht erfasst.

Das Ergebnis der Prüfung lautet: Die in Deutschland unter Nutzung einer US-Lizenz hergestellten Pumpen sind keine US-Produkte nach den EAR.

EAR: Sind US-Personen beteiligt?

Neben dem güterbezogenen Anwendungsbereich definieren die EAR in § 734.5 einen personenbezogenen Anwendungsbereich für Aktivitäten von US-Personen. In einem zweiten Schritt sollten Unternehmen daher prüfen, ob sie durch Aktivitäten von US-Personen in den Anwendungsbereich der EAR fallen. Der Begriff der US-Person wird für die Regelungen der EAR in § 772.1 EAR definiert. Eine US-Person ist danach…

  • jeder US-Staatsbürger,
  • jeder ‚Permanent Resident‘ (insbesondere Green-Card-Holder) unabhängig davon, wo er sich aufhält,
  • Personen, die – unabhängig von ihrer Staatsbürgerschaft – ihren ersten Wohnsitz in den USA haben,
  • alle Personen, die sich in den USA aufhalten,
  • jede nach US-Recht organisierte juristische Person, einschließlich ausländischer Zweigniederlassungen in den USA.

Wichtig in diesem Zusammenhang: Es gibt keine Definition der US-Person, die für das gesamte Recht der USA gültig ist. Je nachdem, welches US-Gesetz Anwendung findet, kann die Definition der US-Person variieren. Insbesondere für den Geschäftsverkehr mit Embargoländern, den das Office of Foreign Assets Control (OFAC) regelt, gelten von den EAR abweichende Definitionen der US-Person. Es muss für jedes Gesetz gesondert geprüft werden, wie der Begriff der US-Person definiert ist. Von den EAR abweichende Begriffsbestimmungen der US-Person finden sich beispielsweise für den Geschäftsverkehr mit dem Iran unter 31CFR 560.215 ITSR.

Unternehmen außerhalb der USA sind grundsätzlich nicht nach dem US-Recht, sondern nach dem jeweils geltenden Landesrecht organisiert und damit keine US-Personen nach den EAR. Dies gilt auch dann, wenn US-Personen, wie z.B. US-Staatsbürger, in solchen Unternehmen beschäftigt sind.

Unternehmen außerhalb der USA sollten ihr Augenmerk auf die US-Produkte richten. Finden sich US-Produkte im Produktspektrum des Unternehmens, empfiehlt es sich diese entsprechend zu kennzeichnen und mit einer Klassifizierung zu versehen. Nur so kann sichergestellt werden, dass die Regelungen des US-Re-Exportkontrollrechts nach den EAR für die US-Produkte beachtet werden.

Anwendungsbereichs der EAR: Hilfsmittel für die Überprüfung

Das US Bureau of Industry and Security (BIS) bietet auf seiner Homepage eine Reihe von Hilfestellungen. Im Exporter Portal finden sich Decision Tree Tools, die bei verschiedenen Prüfungen unterstützen.

Eine Prüfung des Anwendungsbereichs der EAR ist mit Hilfe des Online-Tools SOLID möglich. SOLID führt durch die gesetzlichen Vorgaben des § 734.3; 4; 5 & 9 EAR. Die Prüfungen und Ergebnisse können kommentiert, dokumentiert und archiviert werden.

Exportkontrolle: Online prüfen und dokumentieren mit SOLID

Entscheidungen im Exportkontrollrecht beruhen nicht auf Vermutungen, sondern auf Gesetzen und Verordnungen. SOLID führt Sie Schritt-für-Schritt durch die rechtlichen Grundlagen dieser Gebiete: 

  • Sanktionsrecht EU/UK/US
  • Exportkontrollrecht DE/EU
  • US-Re-Exportkontrollrecht
  • Lieferkettensorgfaltspflichtengesetz (LkSG)

Mit SOLID Plus können Sie Ihre Prüfungen kommentieren und dokumentieren. Die Protokolle sind im Prüfarchiv jederzeit aufrufbar und können bei Audits, Außenwirtschaftsprüfungen oder auch gegenüber dem Zoll als wesentliche Organisationsmaßnahmen vorgelegt werden. 

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