Wer haftet bei Verstößen im Exportkontrollrecht?
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Wer haftet bei Verstößen im Exportkontrollrecht?

Bei Verstößen gegen die Vorschriften zur Exportkontrolle hält sich der Staatsanwalt an die Verantwortlichen im Unternehmen. Wer das genau ist, wird nicht jedem gefallen.

Kaum ein außenwirtschaftsrechtliches Thema ist so stark von Halbwissen und Unsicherheit geprägt, wie die Haftungsfragen im Exportkontrollrecht. Der Grund dafür liegt nicht allein in der Vielschichtigkeit und Komplexität des deutschen Straf- und Ordnungswidrigkeitsrechts. Vielmehr führt die fehlende Differenzierung zwischen der Haftung für zollrechtliche Verstöße auf der einen Seite und Verstößen gegen das Exportkontrollrecht auf der anderen Seite zu falschen Schlüssen. Verstöße gegen zollrechtliche Vorgaben werden zumeist als Verstöße gegen das Steuerrecht geahndet. Damit laufen Verstöße gegen das Exportkontrollrecht in die Regelungen des Straf- und Ordnungswidrigkeitenrechts ein. Damit wird deutlich, dass auch die haftungsrechtlichen Fragen nach ganz unterschiedlichen Vorschriften zu beurteilen sind.

Im Folgenden geht es ausschließlich um die Haftung bei Verstößen gegen exportkontrollrechtliche Vorgaben. Ausdrücklich nicht eingegangen wird auf Haftungsfragen anderer Themenbereiche, wie beispielsweise dem Zollrecht.

Zahlreiche Vorschriften bei der Exportkontrolle und dem Sanktionslistenscreening

Mitarbeiter in Unternehmen, die die Bereiche der Exportkontrolle und des Sanktionslistenscreenings betreuen, haben eine ganze Reihe von Vorschriften zu beachten. Nur wer sich mit den gesetzlichen Vorgaben auskennt, kann Verstöße und damit Bußgelder wegen Ordnungswidrigkeiten oder auch Strafen vermeiden.

Die operativen Exportkontrolltätigkeiten sind vielfältig. Neben der Beachtung der Bereitstellungsverbote aus den Embargoverordnungen, der Kontrolle von Geschäften mit Embargoländern, der Güterklassifizierung und der Überwachung der Verwendungszwecke, gehört auch die Beantragung und Nutzung von Genehmigungen zu den Aufgaben der Mitarbeiter in Exportkontrollabteilungen.

Beispiel: Ein gelistetes Dual-use-Gut wird ohne die erforderliche Genehmigung in ein Drittland ausgeführt. Oder es wird ein Geschäft mit einem in der CFSP-Liste der EU genannten Unternehmen gemacht. Dabei stellt sich die Frage, wie diese Verstöße geahndet werden und wer für diese Verstöße haftet.
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Straftat oder Ordnungswidrigkeit? Der Vorsatz entscheidet

Eine strafrechtliche Haftung kommt nach dem Grundsatz „keine Strafe ohne Gesetz“ (§ 1 Strafgesetzbuch (StGB)) nur dann in Betracht, wenn die vorgenommene Handlung in einem Gesetz als strafbar beschrieben wird. Für die Verstöße im Bereich der Exportkontrolle finden sich die einschlägigen Tatbestände in den §§ 17 ff Außenwirtschaftsgesetz (AWG). Im oben genannten Beispiel der ungenehmigten Ausfuhr eines Dual-use-Guts kommt eine Bestrafung gemäß § 18 Absatz 5 AWG in Betracht.

Eine Lieferung an eine gelistete Person kann als Embargobruch gemäß § 18 I AWG bestraft werden. Voraussetzung einer strafrechtlichen Ahndung nach § 18 AWG ist, dass dem Täter Vorsatz nachgewiesen werden kann. Handelt der Täter nicht vorsätzlich, scheidet eine Bestrafung aus. In Betracht kommt die Ahndung im Rahmen einer Fahrlässigkeitstat gemäß § 19 AWG. Diese wird dann als Ordnungswidrigkeit im Rahmen eines Bußgeldverfahrens geahndet.

Wer haftet? Geschäftsleitung oder Exportkontroll-Mitarbeiter?

An diesem Punkt stellt sich nun die Frage, wer genau bei Verstößen bestraft oder bebußt wird und damit haftet. Da es in Deutschland kein Unternehmensstrafrecht gibt, kann das Unternehmen als juristische Person nicht bestraft werden. Der staatliche Strafanspruch richtet sich immer gegen eine natürliche Person. Vor diesem Hintergrund stellt sich die Frage: Haftet die Geschäftsleitung oder der einzelne Mitarbeiter aus der Exportkontrollabteilung?

Grundlegend für die Beantwortung dieser Frage ist § 14 I StGB für Straftaten und § 9 I Ordnungswidrigkeitengesetz (OWiG) für Ordnungswidrigkeiten heranzuziehen. Danach liegt die straf- und ordnungswidrigkeitenrechtliche Verantwortung und Haftung für alle Unternehmensbereiche bei der Geschäftsleitung. Die Geschäftsleitung trägt für Verstöße im Bereich des Exportkontrollrechts die Verantwortung und haftet grundsätzlich bei Verstößen.

Für den Fall, dass im Unternehmen ein Ausfuhrverantwortlicher gegenüber dem BAFA benannt wurde, haftet dieser persönlich. Der Ausfuhrverantwortliche muss grundsätzlich Mitglied des Vorstands oder der Geschäftsführung sein, also der höchsten hierarchischen Ebene des Unternehmens angehören. Damit ist die Exportkontrolle stets „Chefsache“. Bei Unternehmen, die keinen Ausfuhrverantwortlichen gegenüber dem BAFA benannt haben, haften je nach Gesellschaftsform des Unternehmens die Geschäftsführer bzw. Vorstände persönlich.

Ein entscheidender Unterschied: Weisungsabhängig oder eigenverantwortlich?

In Ausnahmefällen sehen die § 14 Absatz 2 StGB für das Strafrecht und § 9 Absatz 2 OWiG für das Ordnungswidrigkeitenrecht im Falle einer „ausdrücklichen Beauftragung“ den Übergang von Verantwortung und Haftung auf einen Mitarbeiter vor. Der Gesetzgeber verlangt dafür, dass der Mitarbeiter Aufgaben, die eigentlich dem Geschäftsführer bzw. Vorstand obliegen, in eigener Verantwortung, also weisungsunabhängig wahrnimmt.

In der Praxis sind diese Fälle allerdings die absolute Ausnahme. In der Regel wird die operative Durchführung der Exportkontrolle von einem durch die Geschäftsleitung benannten Mitarbeiter weisungsgebunden durchgeführt. Im Bereich der Exportkontrolle wird dies regelmäßig der Exportkontrollbeauftragte für den Güterverkehr bzw. der Sanktionslistenbeauftragte für den Bereich des Listenscreenings sein. Die zuständigen Mitarbeiter bleiben der Geschäftsleitung unterstellt und haften grundsätzlich nicht persönlich.

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Wer persönlich haften muss, sollte sich das gut bezahlen lassen

Lediglich in Ausnahmefällen wird die Haftung auf einen benannten Mitarbeiter übergehen. Wer sich nun fragt, ob er eventuell eigenverantwortlich das Thema Exportkontrolle im Unternehmen betreut, sollte zunächst einen Blick auf seine Gehaltsabrechnung werfen. Angesichts der gravierenden strafrechtlichen Folgen und dem hohen persönlichen Risiko muss sich die Eigenverantwortlichkeit in einem an dieses Risiko angepassten Gehalt widerspiegeln.