Vom UZK-Arbeitsprogramm zur Zollrechtsreform
EU Zollrecht

Vom UZK-Arbeitsprogramm zur Zollrechtsreform

Digitalisierungsschritte wie Proof of Union Status und ICS 2 Release 3 werden jetzt umgesetzt, weitere sind neu terminiert. Längerfristig steht eine Reform des EU-Zollrechts am Horizont.

Der elektronische Nachweis des Unionscharakters (PoUS) kommt zum 1. März 2024, ICS 2 geht mit Release 3 am 3. Juni live. Dafür werden das Ausfuhrbegleitdokument (ABD) nicht so schnell abgeschafft und die Phase 5 von NCTS erst später wirksam. Der gesamte Zeitplan dieser und weiterer Zoll-IT-Projekte der EU ergibt sich aus dem im Dezember aktualisierten Arbeitsprogramm für die Entwicklung und Inbetriebnahme der im Zollkodex der Union vorgesehenen elektronischen Systeme und aus dem ebenfalls aktualisierten Multi-Annual Strategic Plan for electronic Customs. Der Zeitplan auf einen Blick: Graphical timeline of MASP-C Revision 2023.

Darüber hinaus gab die EU-Kommission Im Mai 2023 per Pressemitteilung einen Ausblick auf „die ehrgeizigste und umfassendste Reform der EU-Zollunion seit deren Gründung im Jahr 1968“. Wir werfen also einen Blick auf die anstehenden Änderungen, die entstandenen Verzögerungen – und geben einen kurzen Ausblick auf die geplante große Zollrechtsreform.

Proof of Union Status (PoUS) - Nachweis des Unionscharakters

T2L- und T2LF Dokumente dienen dem Nachweis des Unionscharakters von Waren, die innerhalb des Zollgebiets der Europäischen Union verbracht werden. Mit ihnen wird also am Bestimmungsort  nachgewiesen, dass die Waren aus dem zollrechtlich freien Verkehr stammen und nicht erneut Zölle erhoben werden müssen. Diese bislang papierbasierten Dokumente werden zum 1. März 2024 durch das elektronische Proof of Union Status (PoUS)–System der EU ersetzt. Dazu informiert der Zoll in seiner Fachmeldung: Nachweis des Unionscharakters von Waren.

Wirtschaftsbeteiligte erfassen die Daten für Statusnachweise T2L und T2LF im PoUS-System, wo sie vom Zoll validiert werden. Bei erfolgreicher Validierung wird eine Master Reference Number (MRN) vergeben, anhand derer der Vorgang identifiziert wird und womit die Daten bei der Gestellung nach Wiederverbringung in das Zollgebiet der Union von den Zollbehörden abgerufen werden können. Dies gilt sowohl für das Normalverfahren als auch für das vereinfachte Verfahren; bei zugelassenen Ausstellern erfolgt die Validierung automatisiert. 

Auf das PoUS-System greifen Wirtschaftsbeteiligte über ein Specific Trader Portal (PoUS-STP) als Teil des EU Customs Trader Portals zu. Zugang hierzu erhalten Unternehmen in der Regel über das nationale Zoll-Portal.
Ab Juni 2025 soll das System auf Warenmanifeste ausgedehnt werden. Auch eine Schnittstelle zum European Maritime Single Window Environments soll dann bereitstehen.

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Import Control System 2 Release 3

Das Import Control System 2 bildet die Summarischen Eingangsanmeldungen in einem zentralen IT-System der EU ab, die beim Verbringen von Waren in das Zollgebiet der Europäischen Union abgegeben werden müssen. Die Entwicklung erfolgt in drei Releases, deren erste zwei die Luftfracht betreffen und das dritte die anderen Verkehrszweige.

Für Luftfracht ist ICS 2 bereits seit Mitte 2023 in vollem Umfang in Betrieb. Das anstehende Release 3 betrifft alle anderen Verkehrszweige und geht in drei Schritten in Betrieb:

  • Ab 3. Juni 2024 bis 4. Dezember 2024: Beförderer in See- und Binnenschifffahrt
  • Ab 4. Dezember 2024 bis 1.April 2025: Aussteller von Konnossementen im See- und Binnenschiffsverkehr
  • Ab 1. April 2025 bis 1. September 2025: Unternehmen im Straßen- und Schienenverkehr

Eine Besonderheit von ICS 2 ist die Möglichkeit des „multiple filing“. Dabei gibt nicht eine Person eine komplette summarische Eingangsanmeldung ab, sondern mehrere an der Lieferkette beteiligte stellen Teile der Daten bereit. Somit können insbesondere Reedereien, Speditionen, Bahnunternehmen, aber auch gewerbliche Warenempfänger von ICS 2 Release 3 betroffen sein.

Wie bei PoUS greifen bei ICS 2 die Wirtschaftsbeteiligten in der Regel auf das zentrale System der EU zu. Hier ist jedoch eine Schnittstelle zu IT-Systemen der Wirtschaftsbeteiligten möglich und in der Regel auch nötig. Entsprechend informiert die EU auf ihrer Seite zu ICS 2 Release 3 und stellt Informationen u. a. über den Onboarding-Prozess zur Verfügung.


Praxistipp: EORI

Haben Empfänger eine EORI-Nummer, muss diese in der summarischen Eingangsanmeldung angegeben werden. Importierende Unternehmen sind daher gut beraten, sich ggf. mit einem Begleitschreiben über die Verwendung der eigenen EORI-Nummer abzusichern: Mehr zum Umgang mit der eigenen EORI-Nummer in ICS2.

NCTS: Phase 5 im gemeinsamen Versandverfahren

Nicht nur Mitgliedstaaten der EU inklusive Monaco, sondern auch San Marino, Andorra, die Schweiz, Liechtenstein, Norwegen, Island, die Türkei, Nordmazedonien, Serbien, das Vereinigte Königreich und die Ukraine sind am NCTS-Versandverfahren beteiligt. Das Ende des Übergangszeitraums für den Umstieg auf Phase 5 wurde auf den 21. Januar 2025 verschoben.


Zur praktischen Abwicklung

Weite Teile der Anforderungen von NCTS Phase 5 wurden mit ATLAS-Release 9.1 bereits umgesetzt. Mit der Umstellung auf Phase 5 in allen an NCTS teilnehmenden Ländern stehen weitere Änderungen beim Eröffnen und Beenden von Versandverfahren an. 

Eine der Änderungen betrifft die Struktur von Versandanmeldungen. Und zwar können dann innerhalb einer Versandanmeldung bis zu 99 – ATLAS-Info 0541/23 dehnt dies auf bis zu 1999 aus – Einzelsendungen angemeldet werden. Die Einzelsendungen enthalten dann die Warenpositionen. 

In Phase 5 werden Unterwegsereignisse von den zuständigen Behörden elektronisch im NCTS-System erfasst. Ggf. entfällt die Dokumentation auf dem Versandbegleitdokument (VBD). Da die Daten bereits im NCTS-System vorliegen (sollten), ändern sich in Phase 5 für zugelassene Empfänger die Vorgehensweise und Nachrichteninhalte in Bezug auf Unterwegsereignisse.

Eine weitere offene Frage betrifft das VBD: Nach den mit Phase 5 anwendbaren Vorschriften ist das VBD nicht mehr verpflichtend, nur MRN und Barcode müssen die Ware begleiten. Wie erkennt dann der Empfänger, ob das Versandverfahren überhaupt für ihn bestimmt ist oder ob unterwegs Ereignisse aufgetreten sind, wenn kein VBD vorgelegt wird, auf dem die nötigen Angaben stehen?

Zentrale Zollabwicklung (CCI) und Gesamtsicherheit: die Herausforderungen

Von den Verzögerungen bei der Umsetzung der UZK-Systeme in anderen Mitgliedstaaten ist unter anderem die Zentrale Zollabwicklung betroffen. Für Unternehmen in Deutschland dürften sich insbesondere Vereinfachungen bei der Zentralen Zollabwicklung Einfuhr (Centralised Clearance for Import - CCI) verzögern oder diese nur mit ausgewählten anderen Mitgliedstaaten anwendbar sein. Für die Einfuhr betrifft das zunächst Anmeldungen zum freien Verkehr, zur aktiven Veredelung oder in ein Zolllagerverfahren sowie zur Endverwendung. Der dazu notwendige Datenaustausch von Zoll- und Statistikbehörden wird gemeinsam entwickelt – die Übergangszeit zur Einführung der ersten Ausbaustufe soll am 1. Juli 2024 enden.

Die EU-weit zentrale Verwaltung von Sicherheiten, die im IT-Projekt GUM vorangetrieben wird, scheint ebenfalls von Verzögerungen betroffen zu sein. Unternehmen müssen daher weiterhin mit mehreren Gesamtsicherheiten statt einer leben.

Automated Export System (AES) und das Ende des Ausfuhrbegleitdokuments

Die europaweite Übergangszeit vom älteren Export Control System (ECS) auf das Automated Export System (AES) endet am 11. Februar 2025. Manche Textfelder, beispielsweise in Adressen, erlauben dann eine längere Eingabe. An bestimmten Stellen können unter anderem mehr Unterlagen, Vorpapiere und höhere Gewichte angegeben werden.

Außerdem soll das Ausfuhrbegleitdokument (ABD) entfallen. Mit der ATLAS- Info 0468/23 hat der deutsche Zoll allerdings dargelegt, dass das ABD so lange erhalten bleiben wird, bis alle Mitgliedstaaten auf AES umgestellt haben. Außerdem wird der deutsche Zoll laut ATLAS-Info 0526/23 voraussichtlich ein EU-weit gültiges Nachfolgedokument zur Verfügung stellen.


Hinweis aus der Verfahrensanweisung zum IT-Verfahren ATLAS 

In der Verfahrensanweisung zum IT-Verfahren ATLAS zum bereits jetzt möglichen Vorgehen heißt es:

Erfolgt der gesamte Ausfuhrvorgang im deutschen Hoheitsgebiet, kann auf den Ausdruck und die Vorlage des ABD bei der Ausgangszollstelle verzichtet werden. In diesem Fall sind der Ausgangszollstelle die MRN und der Barcode vorzulegen.
Ist dem Anmelder bekannt, dass die Ausgangszollstellen eines anderen Mitgliedstaates auf die Vorlage eines ABD verzichten, ist der Ausdruck des ABD ebenfalls entbehrlich. Etwaige Unsicherheiten/ Risiken gehen in diesem Fall zu Lasten des Anmelders.

Ausblick: Die EU-Zollrechtsreform

Die geplante Reform des EU-Zollrechts wird den UZK in seiner jetzigen Form ablösen – eine konsequente Digitalisierung soll die Zollabwicklung in der EU effizienter und transparenter machen. Das Ziel: Durch die Bereitstellung von Daten über die gesamte Lieferkette kann der Zoll Gefahren besser erkennen und ihnen begegnen. Zudem werden im E-Commerce Online-Plattformen stärker in die Pflicht genommen. Die wichtigsten Eckpunkte im Überblick: 

  • EU-Zolldatenplattform und EU-Zollbehörde
    Eine neue EU-Zolldatenplattform soll die nationalen Einfuhr-Zollsysteme auf lange Sicht ablösen. Unternehmen speisen darin Daten über die gesamte Lieferkette ein, was auch die Produktion im Drittland umfassen kann.
    Betrieben wird diese Zolldatenplattform von einer ebenfalls neu zu schaffenden EU-Zollbehörde. Sie soll auch für eine EU-weit einheitliche Risikoanalyse sorgen und die Zusammenarbeit zwischen den EU- und nationalen Behörden fördern.
  • „Trust & Check“-Händler
    Gewissermaßen als Weiterentwicklung des AEO soll eine neue Partnerschaft mit besonders vertrauenswürdigen Unternehmen entstehen. Bei entsprechender Transparenz über ihre Lieferkette erhalten die sogenannten „Trust & Check“-Händler besondere Vereinfachungen bei der Zollabwicklung – beispielsweise die Einfuhrabfertigung an ihrem Firmensitz, unabhängig davon, wo die Waren in der EU eintreffen, oder die Einfuhr ohne aktives Tätigwerden des Zolls.

  • Elektronischer Handel
    Online-Plattformen gelten mit der EU-Zollreform als Einführer und werden damit unter anderem für die Entrichtung von Zoll und Einfuhr-Umsatzsteuer verantwortlich. Vor dem Hintergrund anhaltender Unterfakturierung soll auch die 150-Euro Schwelle entfallen, unter der keine Zölle erhoben werden. Im Gegenzug soll im E-Commerce ein stark vereinfachter Zolltarif angeboten werden – der Vorschlag der EU-Kommission enthält nur noch fünf verschiedene Zollsätze von 0, 5, 8, 12 und 17% , die in Abhängigkeit vom Kapitel vergeben werden, in das die importierte Ware eingereiht wird.

  • „Intelligente Zollkontrollen“
    Künstliche Intelligenz soll, so die Verlautbarung, zur Datenanalyse eingesetzt werden, sodass Probleme erkannt werden könnten, noch bevor die Versendung der Waren in Richtung EU begonnen hat. Auf diese Weise könnten die EU-Zollbehörden ihre Ressourcen besser bündeln, besser kontrollieren und gleichzeitig die ordnungsgemäßen Zölle bzw. Steuern erheben.

Die Einführung soll in Stufen erfolgen. Ab 2028 können Händler im Bereich des E-Commerce mit der Teilnahme an der EU-Zolldatenplattform beginnen. Ab 2032 sollen alle anderen Unternehmen folgen können und ab 2038 wird die Teilnahme nach den jetzigen Planungen verpflichtend. Über die Inhalte und den Verlauf der Einführung informiert die EU auf ihrer Webseite zur EU Customs Reform. 

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