EU-Strategie für kritische Rohstoffe
Die EU hat für 34 kritische Rohstoffe mit dem Critical Raw Material Act einen Strategieplan vorgelegt. Erste Reaktionen aus China liegen nun vor.
Die EU hat für 34 kritische Rohstoffe mit dem Critical Raw Material Act einen Strategieplan vorgelegt. Erste Reaktionen aus China liegen nun vor.
Zur sicheren und nachhaltigen Versorgung mit kritischen Rohstoffen ist die EU-Verordnung 2024/1252 am 24. Mai 2024 in Kraft getreten. Dieser Critical Raw Material Act (CRMA) arbeitet für 34 kritische und 17 strategische Rohstoffe die möglichen Versorgungsrisiken für die europäische Industrie heraus. Daraus abgeleitet werden Maßnahmen wie eine Erhöhung von Recyclingquoten oder die partnerschaftliche Zusammenarbeit mit Drittländern. Dabei setzt die EU für einzelne Schritte zeitliche Vorgaben.
Viele kritische Mineralien kommen aus China. Dort wurden bereits Genehmigungspflichten auf bestimmte Rohstoffe eingeführt. Seit 15. September 2024 unterliegt zum Beispiel Antimon einer Genehmigungspflicht.
Die WTO hat den Zolltarifen auf kritische Mineralien in der Produktion von E-Autos ein Sonderthema im World Tariff Profile 2024 gewidmet.
Für das Funktionieren des Binnenmarkts und um Versorgungsrisiken vorzubeugen ist die Verfügbarkeit kritischer Rohstoffe in der EU sicherzustellen. Dies ist das Ziel der EU-Verordnung 2024/1252. Für den grünen und den digitalen Wandel sowie insbesondere für die Entwicklung von Verteidigungs-, Luft- oder Raumfahrtanwendungen wurden darin zudem strategische Rohstoffe identifiziert. Der Handel von kritischen sowie strategischen Rohstoffen wird zum Teil von China dominiert. Daher will die EU bis 2030 in den Bereichen Gewinnungs-, Verarbeitungs- und Recyclingkapazitäten verschiedene Richtwerte erreichen:
Konkret werden die Rohstoffe in den Anhängen der Verordnung benannt. So enthält Anhang I Abschnitt 1 derzeit 17 strategische Rohstoffe und Anhang II Abschnitt 1 führt 34 kritische Rohstoffe auf. Manche davon sind sowohl strategisch als auch kritisch.
* Strategische Rohstoffe sind nur die Seltenen Erden, die für Dauermagnete eingesetzt werden: Neodym, Praseodym, Terbium, Dysprosium, Gadolinium, Samarium, Cer.
Quelle: Anhang I und II der EU-Verordnung 2024/1252
Beide Anhänge werden zum ersten Mal im Jahr 2027 durch die EU-Kommission überprüft und anschließend fortlaufend alle drei Jahre einer Überprüfung unterzogen.
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„Aufgrund des hohen Rohstoffbedarfs u. a. für die Verkehrs- und Energiewende und vor dem Hintergrund der aktuellen geopolitischen Lage, unterstützt die Europäische Union eine verstärkte Gewinnung von Primärrohstoffen aus heimischen Lagerstätten“ heißt es im Bericht der Bundesanstalt für Geowissenschaften und Rohstoffe. Dort werden Rohstoffvorkommen in Deutschland vorgestellt, zum Beispiel die Grube Clara im Schwarzwald, die Fluss- und Schwerspat fördert, oder das Projekt der grenzüberschreitende Festgesteinslagerstätte in Zinnwald (Erzgebirge), in der (bald wieder) Lithium gefördert wird. Auch neue Wege werden ausgelotet, beispielsweise dass ein Teil des heimischen Lithiumbedarfs möglicherweise als Beiprodukt aus Geothermiekraftwerken gewonnen werden kann. Viele der Explorationsprojekte befinden sich allerdings erst in einer frühen Phase der Erkundung. Bis zu einer möglichen Rohstoffgewinnung sind noch beträchtliche Investitionen in Erkundung, Bewertung und ggf. Erschließung nötig.
Auch in anderen europäischen Ländern ist die Suche nach Rohstoffen vor Ort im Gange, denn die Versorgungssicherheit wird unionsweit gedacht. Für alle europäischen Länder gilt daher, dass nicht nur die Dauer von Genehmigungsverfahren verringert, sondern finanzielle Mittel für strategische Projekte im Rahmen des CRMA zur Verfügung gestellt werden sollen. Bisher sind bereits 170 Bewerbungen für strategische Rohstoffprojekte eingegangen – 77 davon für den Abbau von Rohstoffen, 58 für die Verarbeitung, 30 für Recycling und 5 für die Entwicklung von Ersatzmaterialien. Schwedische Unternehmen haben sogar Projekte für seltene Erden eingereicht.
Unterdessen wird auch die chinesische Regierung aktiv. Das chinesische Ministerium für Handel und der Allgemeinen Zollverwaltung (MOFCOM) veröffentlichte in einer Bekanntmachung vom 15. August 2024 eine Liste an an Waren, die nur mit einer Genehmigung exportiert werden dürfen. Der Bekanntmachung lassen sich die betroffenen Warennummern entnehmen. Germany Trade & Invest (GTAI) bietet dazu eine Aufstellung in deutscher Sprache an. Davon erfasst sind unter anderem:
Bereits seit August 2023 sind Gallium und Germanium mit einer Genehmigungspflicht versehen. Weitere Rohstoffe folgten 2024.
Ausführer in China müssen bei Exportvorhaben eine Reihe an Informationen vorlegen, unter anderem den zugehörigen Ausfuhrvertrag und eine Vorstellung des europäischen Einführers bzw. Endverwenders. Durch die Bearbeitungszeit der Genehmigungen sank die Exportmenge für die betroffenen Rohstoffe im Vorjahr kurzfristig auf Null. Ähnliches ist auch für die Waren zu erwarten, die neu einer Genehmigungspflicht unterliegen.
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Ein ähnliches Vorgehen zur Sicherung von nachhaltigen Lieferkette und mehr Diversifizierung der Herkunftsländer ist in den USA zu beobachten. Käufer in den USA erhalten zum Beispiel steuerliche Vorteile beim Erwerb von Elektroautos nur dann, wenn diese lokale Wertschöpfungsanteile enthalten. In “Section 30d Tax Credits” wird festgelegt, dass diese bis 2027 auf 80 Prozent angestiegen sein sollen, was nur durch Recyclingkomponenten zu erreichen ist. Bereits 2024 werden keine Elektrofahrzeuge mehr steuerlich gefördert, die Batteriekomponenten aus China oder anderen “problematischen Ländern” enthalten. Insbesondere beim Recycling von Autobatterien und Solarmodulen sind daher erste Fortschritte erzielt worden.
Laut einer Analyse der EU-Kommission entfallen derzeit 93 % der weltweiten Produktion von Dauermagneten auf China. Hier soll die europäische Industriestrategie für mehr Unabhängigkeit sorgen. Dazu werden beispielsweise in Artikel 28 und 29 der EU-Verordnung 2024/1252 für Dauermagnete besondere Maßnahmen eingeführt, die deren Recycling fördern sollen.
Enthält ein Dauermagnet Produkte wie Kühlgeneratoren, Wärmepumpen oder Elektromotoren, müssen diese auch im verbauten Zustand gesondert gekennzeichnet werden. Eine spätere Durchführungsverordnung soll verpflichtende Kennzeichnungsvorschriften enthalten, die spätestens ab 2028 umgesetzt werden müssen. Ein EU-weiter Produktpass ist angedacht. Außerdem wurde eine delegierte Verordnung bis spätestens 2026 angekündigt, die die Berechnung und Überprüfung von Rezyklatanteilen von Dauermagneten festlegt.
Die Versorgung mit strategischen und kritischen Rohstoffen gewinnt an Bedeutung und spielt im globalen Handel eine immer größere Rolle. Während sich die Länder der westlichen Welt um immer mehr Unabhängigkeit bemühen, hat China begonnen, seine Exporte zu reglementieren. Mit weiteren Genehmigungspflichten in China ist zu rechnen. Die Entwicklung in den nächsten Jahren bleibt spannend.